ARD-Strategiepapier: Kritik an Propaganda gleich Propaganda?
Das Strategiepapier zur positiven Außendarstellung der ARD schlägt hohe Wellen (Blaue Wende berichtete:
https://bit.ly/2V0ABqO). Die in dem sogenannten «Framing-Manual» empfohlenen Euphemismen, z. B. «Gemeinwohlmedien» statt «öffentlich-rechtlicher Rundfunk», lassen zum Schluss kommen: Die Öffentlich-Rechtlichen stecken in einer Legitimationskrise. Dass die ARD sich bei der Ausarbeitung des Papiers von der Muse der Verzweiflung küssen ließ, deuten nicht zuletzt Passagen an, welche sich einer eigentümlichen «Nachkriegsromantik» bedienen, als sei die AfD höchstpersönlich der Ghostwriter gewesen:
«Unsere Eltern und Großeltern haben den gemeinsamen Rundfunk ARD demokratisch beschlossen und mit eigenen Händen aufgebaut. [...]
Wir beteiligen uns am gemeinsamen Rundfunk ARD um unserer selbst und unseres Landes willen.» [1]
Das entbehrt nicht einer gewissen Ironie. Schließlich waren die Öffentlich-Rechtlichen maßgeblich daran beteiligt, Begriffe wie «(Vater)land», «Volk» oder «Heimat» negativ, also «rechts», zu konnotieren. Nun scheint man erkannt zu haben, dass ebenjene Verachtung des Eigenen (und damit weiter Teile des Publikums) längerfristig nach hinten los geht und versucht, ein einendes, patriotisch angehauchtes «Wir»-Element zu konstruieren – an dessen Beseitigung man zuvor doch so fleißig werkelte.
Vor dem Hintergrund derlei «deutschtümelnder» Anwandlungen wirkt es dann auch einigermaßen komisch, dass Ralf Stegner, erklärter Kämpfer gegen Rechts und des Patriotismus unverdächtig, der ARD zur Seite springt. Und wie macht man das als Ralf Stegner? Richtig, indem man Propaganda-Vorwürfe gegen die ARD [2] mit, nun ja, Propaganda kontert. Der staatliche Rundfunk würde sich anhand des «Framing-Manuals» bloß gegen Kritik von Rechts wehren. Dies sei «nur recht und billig.» [3] Ein Motiv, das ja dem gemeinen «tagesschau»-er oder Juso edel erscheinen mag. Nun muss man aber wissen, dass der Vizevorsitzende der SPD kein Dummkopf ist, sondern das kleine Propaganda-Einmaleins selber aus dem Effeff beherrscht. Wenn er das Wort «rechts» in den Mund nimmt, ist das Neusprech für: Alles, was in seinen Augen regierungs- bzw. medienkritisch ist. Dass Stegner seine ARD-Apologie zudem mit dem verschwörungstheoretischen «Dressing» garniert, rechte Akteure würden als Art monolithischer Block die vermeintlich hilflosen ÖR-Medien angreifen, sei nur der Belustigung halber erwähnt (Täter-Opfer-Umkehr, ick hör dir trapsen).
Ein Blick auf die Vita der Verfasserin der ARD-Sprachfibel fördert Interessantes zutage: Elisabeth Wehling schreibt u. a. für die Zeitschrift «konkret» [4]. Chefredakteurin war von 1960 bis 1964 keine Geringere als die spätere RAF-Terroristin Ulrike Meinhof. 2004 ordnete der Verfassungsschutz «konkret» dem «undogmatischen Linksextremismus» zu. [5] Das könnte die bisweilen totalitäre Diktion des «Framing-Manuals» erklären. Rote Liebe rostet nicht?
Doch mit solchen «Details» hält sich Rhetorikus Stegner nicht auf. Getreu dem neuen ARD-Credo, «moralische Argumente statt Fakten», begegnet er der Tatsache, dass «Framing» per Definition eine Manipulationstechnik ist [6], mit einem unsterblichen Klassiker aus der Argumentations-Mottenkiste: Aber die Rechten benutzten es ja AUCH. Stimmt. Und sie schaffen das sogar ohne ein 120.000 Euro teures, vom Gebührenzahler mitfinanziertes Strategiepapier [7].
Quellen:
[1] Tichys Einblick:
https://www.tichyseinblick.de/tichys-einblick/ard-laeuft-das-gehirnwaescheprogramm-schon/
[2] BILD:
https://www.bild.de/politik/inland/politik-inland/geheimpapier-aufgetaucht-so-will-die-ard-uns-umerziehen-60219088.bild.html
[3] JUNGE FREIHEIT:
https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2019/streit-um-strategiepapier-spd-vize-stegner-verteidigt-ard/
[4]
http://www.elisabethwehling.com/about
[5] Wikipedia:
https://de.wikipedia.org/wiki/Konkret_(Zeitschrift)
[6] Wikipedia:
https://de.wikipedia.org/wiki/Framing_(Kommunikationswissenschaft)
[7] WELT online:
https://www.welt.de/kultur/medien/article189078927/ARD-legt-Kosten-fuer-das-umstrittene-Framing-Manual-offen.html